Im Rahmen der Budgetplanung 2023 wollte die Stadt Langenthal Kürzungen in der Kulturfinazierung machen. Mittels einem offenen Brief und unserem Antrag gegen die Kürzung, konnte diese abgewendet werden. Nachfolgend mein Votum:
Vor euch habt ihr den offenen Brief liegen, mit dem euch knapp 70 freie Kulturschaffende und Unterstützende bitten, die Kultur-Kürzungen in der Krise zu verhindern. Um dem Inhalt des Briefes auch politisch nachzukommen beantragen die SP-Grüne Fraktion und Jana Fehrensen die Kürzungen von 10’000 CHF im Konto «6200.3636.00 diverse Beiträge» abzulehnen und für das Jahr 2022 wieder 62’000 statt nur 52’000 CHF zu budgetieren.
Der Name des Kontos ist irreführend. Unter «divers Beiträge» könnte irgendwas verstanden werden. Last mich darum den Zweck dieses Betrages erklären.
Dieses Konto wird von der Kulturkommission Jahr für Jahr genutzt, um professionelle Projekte einerseits mit gebunden und wiederkehrende Beträgen oder aber freie Projekte mit einmaligen Beiträgen zu unterstützen. Aufgegliedert sind die 62’000 CHF somit in zwei Bereiche, wovon 32’000 CHF in die gebundene Förderung gehen, wie z.B. die Langenthaler Kulturnacht. Übrig bleiben 30’000 CHf, die die Kulturkommission zur Verfügung hat die per Gesuch eingereichten Projekte freier, professioneller Kulturschaffender zu unterstützen. Da die anderen 32’000 CHf gebunden und wiederkehrend sind, wird offenbar, dass die geplanten Einsparungen um 10’000 CHf die freie Projektförderung betreffen wird. 2022 soll also das freie Kulturschaffende Langenthals noch mit 20’000 CHf gefördert werden. 20’000!
Alleine schon 30’000 sind extrem wenig, um in der Breite freies Kulturschaffen in Langenthal zu fördern. Dieser Betrag soll also um einen Drittel zu kürzen.Doch nicht nur die Tatsache, dass der Betrag so oder so schon sehr klein ist, spricht gegen eine Kürzung.
Kulturförderung funktioniert so: Spricht eine Gemeinden Gelder für Projekte, ob wiederkehrend oder einmalig, können die Gesuchstellenden dasselbe Projekt beim Kanton Bern einreichen und erhalten den drch die Gemeinden gesprochen Betrag durch den Kanton verdoppelt! Mit der lokalen Kürzung wird also automatisch das Budget beim Kanton gekürzt. Eine Kürzung bei einem Konto, welches mit der kantonale Subsidiarität verknüpft ist, ist absolut unlogisch und nicht zu Ende gedacht.
Diese Subsidiarität gilt nur für den Profibereich. Warum wurden die 10’000 CHf also nicht in der Laienkultur gestrichen, wenn den in der Kultur Kürzungen gemacht werden sollten? Wir wollen diese beiden Kulturrichtungen nicht gegeneinander ausspielen, möchten aber aufzeigen, dass das freie Professionelle Schaffen mit zukünftig nur noch 20’000 CHF gegenüber den Kulturvereinen mit jährlich wiederkehrenden Beiträgen extrem unterfinanziert ist!
Hinzukommt, dass viele Vereine, zu den jährlichen Vereinsbeiträgen des öfteren noch professionelle Projekte per Gesuch einreichen und aus dem Topf «divers Beiträge» ebenso unterstützt werden.
Mit der Kürzung auf 20’000 CHF wird der Kulturkommission verunmöglicht, neue, aufstrebende, innovative, Projekte aus dem kulturellen Nachwuchs Langenthals zu unterstützen, weil das Geld schlicht und einfach nicht reicht. Entwicklung und Wachstum des Kulturstandort Langenthal wird so bewusst unterbunden.
Des Weiteren wird in Zukunft ein weiterer wichtiger Kulturfinanzierungspartner auf dem Standort Langental fehlen: Die Jaberg Stiftung hat keine Mittel mehr und somit fehlen 150’000 CHF, jährlich. Wie soll diese Lücke mit den noch vorhanden 20’000 CHf aufgefangen werden?
Übrigens die Stadt Burgdorf, Vergleichbar mit Langenthal, hat für die Förderung frier Kulturprojekte mit einmaligen Unterstützungsbeträgen jährlich 80’000 CHf zur Verfügung. Also 4x mehr, als uns noch bleiben würde!
Dass die aktuelle Krise besonders das Kulturschaffen massgeblich eingeschränkt hat, ist wohl allen klar. Nun sollte es wieder bergauf gehen, doch die Kürzungen bewirken das Gegenteil! Projekte, die wegen Corona herausgezögert wurden, treffen nun auf neue Projekte. Beides will gleichzeitig gefördert werden. Um diesen Kulturstau zu bewältigen, bräuchten wir allerdings mehr Finanzen, statt weniger!
Zu guter Letzt sei gesagt, das besagte Kürzung im Topf «diverse Beiträge» ohne Mitwirken und Stellungnahme der Kulturkommission entschieden wurde. Die Kulturkommission, hat bereits an der ersten Sitzung den Sparauftrag ernst genommen und selbständig 10’000 CHF in den Einlagen in die Spezialfinanzierung gekürzt. Dass das nicht schon Argument genug ist und dann über die Köpfe der Kommission weitere Kürzungen gemacht werden, ist unverständlich.
Wir bitten euch, unseren Antrag anzunehmen, und die 10’000 dort zu lassen, wo sie hingehören. Im städtischen Defizit spielt diese Zahl die kleinste Rolle, der Beibehalt hat allerdings für das professionelle Kulturschaffen in Langenthal grosse Wirkung!
Ob 10’000 mehr oder weniger machen im Kulturschaffen einen grossen Unterschied. Nicht nur die Kulturschaffenden werden dies zu spüren bekommen, sondern natürlich auch das Publikum, weil weniger Angebot herrschen wird! Jetzt wo man wieder an Lesungen, in Ausstellungen, ins Theater und an Konzerte darf!
Die Stadt sollte hier dringend über die Bücher. Will Langenthal ein Kulturstandort sein und zum Beispiel mit Burgdorf mithalten können? Will Langenthal es professionelle Kulturschaffende fördern oder den Wegzug jener provozieren?
Seht euch nochmals die Namen an, die den offenen Brief unterzeichnet haben. Jede und jede von euch kennt sicherlich mehrere Personen darunter. Ihnen eine wichtige Lebensgrundlage, nämlich Finanzierung durch die öffentliche Hand zu erschweren, ist ein Schlag ins Gesicht. Bitte unterlasst die Ohrfeige und unterstützt stattdessen das freie professionelle Kulturschaffen in Langenthal. Von dem profitiert auch ihr!
Danke.