J9
Camouflage ist hier noch geil
„Sind si dänn en richtigi?“
Ja, was bin ich denn nun?
Schweizerin in Finnland. Finnin, Rückkehrerin?
Sein.
J10
Schönheit, pur
Blütenstaub tanzt im Sonnenlicht
Sanfte Regentropfen
Was für eine Sicht
Glitzer liegt in der Luft
Tief blau schwappt ans Ufer
Leichte Musik im Hintergrund
Das ist Sommer, Regen und Sonne
Blumenduft und Ruderschläge
Schiefe Birken
Grashalme, die an den Waden kitzeln
Über die Wangen streicht der Wind
Hei
Natur und Stadt im Gleichgewicht
Suomi
Und dann noch doppelter Regenbogen
Tropfen auf den Augenliedern
Welch ein Glück
Grübchen und Kaffee
Was für ein Leben
Leichtigkeit
Sinnlichkeit
Sitzen bleiben.
J11
Wer versucht zu lesen,
hat das Lallen der anderen im Ohr
Zigaretten wirft man aus dem fahrenden LKW
Manchmal auch eine leere Glasflasche,
die am Boden zerschellt
Werbung wird Abends noch von Menschen mit Migrationshintergrund ausgetragen
Man geht walken, alle! Schlechtes Gewissen ob all dem sportlichen Treiben.
Schwarze Leggings, pinke Laufschuhe.
Drinnen sitzen zwei Mädchen,
wie aus dem letzten Jahrhundert
vor ihnen schlechter Wein, blaue Kulleraugen, grau
lüsterner Blick
draussen strahlt die Luft
es gibt die coolen Alten, in kurzen Blümchenkleidern und schicker Frisur
und die alten Alten, die zu Hause backen und die Füsse aus den Pantoffeln quellen haben
die Russen haben Rostkarren
die Finnen haben Getuntes
dort 2€, hier 4€
in jedem Fall Rinde vor dem Gesicht
und die nebenan schreibt auch Gedichte
der, der vor ihr sitzt, ist begeistert, ist ihr leben doch besser, als seins
vittu, vittu, vittu
einer sagt „das Leben ist vorbei“
alle stimmen ein, im Chor und nicken
in Gummistiefeln in die Bar
das Skateboard zwischen die Knie geklemmt
er spricht über Evolution und schaut auf die Uhr
Nicken, Lächeln
„die 20 Frauen die auf dem Eis drehen und Bilder machen…“
ist es nicht viel schöner bei Bodenheizung zu scheissen, als bei zugefrorener WC-Tür?
Irgendwelche Freunde… die haben… Jaja.
Mundharmonika, immer wieder das gleiche musische Thema, Blues oder Jazz.
Aha.
J12
Einmal aufblicken, Sonne, Wärme
En andermal aufblicken – wie eine schwarze Wand rollen die Wolken über uns heran
Leute stehen auf, verschwinden, grosse Angst vor der Nässe
Die Vögle spielen verrückt
Fahnen flattern im Wind
Kriegsstimmung
Endzeitstimmung
Bewegung und dann Stillstand
Pfannkuchen und Kaffeeduft
Grelle T-shirts, lahme Massen
Fahrrad fahren ist gefährlich
Einfache Karte
Gittersystem
Änetm Fluss
Bahnhof und Kultur
Freiwilligen Arbeit
Männer in Röcken und Bart
Hier bleibe ich.
Wohlfühlen,
Wohnzimmer
Willkommen sein.
Weiter so.
J13
Bar rein, Jacke aus, 2€.
Heisse Türsteher, so echt.
Sie wirft das Glas um, schriet „ich wars.“
Und die Deutschen: „dat is ja ga cheine spilunke hea“,
„ne dat is ebn finnisch hea“
fragt nach Stuhl.
Ich so: „Nimm ihn nur“
Er so: „riiiliiii – bat äj cän sit hea wis juu?“
Ich so: …
Man hilft sich in die Jacken
Karohemde und Nietengürtel
Sie sitzt am Spielautomaten, allein
Der Gewinn wird gleich wieder verprasst
Er trägt Lilabeige karierte, mit türkisen Spitzen, Socken
– in Sandalen
alte Herren versuchen sich in Dancemoves
für die EM hat hier kaum jemand einen Blick übrig
hinter der Bar stehen ja auch starke Rockerbräute
man schwankt, kippt, fasst sich, trinkt weiter
halb 10, zu, bis oben.
Sonntags gibt’s dann alles ums dreifache billiger
Man hat ja sonst nichts zu tun
Auf versteckte Gesangtalente hofft man lange
Stoisch starren sie auf die schnell voranschreitenden Songzeilen,
immer ein bisschen im Rückstand
wer hier singt, hat nichts mehr zu verlieren,
wer hier tanzt, hat 0 Hemmungen
Hauptsacke der Kopf nickt zu Tangoballaden in Rockmanier mit.
Ü40, keine Frage!
J14
Sie war ein Baum
Er war ein Fluss
Ich war ein Vogel
Wenn alte Herren fragen, warum man ist.
Die Guten sind verlobt.
Umfallen
Blutende Knie
Ich war ein Vogel
Gegen die Scheibe geflogen.