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Gesehen Senf

Human Resources

Von und mit kraut_produktion & Theater HORA

Gesehen am 3.05.15 im Rahmen des Auawirleben Theaterfestivals im Tojo Theater Bern

Vier Schauspieler und Schauspielerinnen mit Beeinträchtigung und drei Schauspieler und Schauspielerinnen ohne Beeinträchtigung gaben sich ein Stelldichein. Das Stück behandelt menschliche Bedürfnisse, Verhaltensweisen und die Frage nach dem Menschen als Mittel, wobei Human Resources ins Deutsche übersetzt Personal bedeutet.

Bisher hat sich mir der Bezug vom Stück zum Titel noch nicht ganz erschlossen. Während der Vorstellung kursierte ein pinkes Sparschwein im Zuschauerraum. Der Zweck war, dass man etwas Geld einwerfen sollte, um den Schauspielern und Schauspielerinnen mit Beeinträchtigung etwas kaufen zu können, da diese keinen Lohn für die Aufführung erhalten würden. Hier könnte ein Bezug zum Titel bestehen. Was kostet Personal? Braucht es Personal? Ist ein Schauspieler oder eine Schauspielerin Personal? Wie definiert sich Personal?

Dramaturgisch erschliesst sich das Stück aber recht einfach. Szenen wechselten sich ab, welche wahrscheinlich von den jeweiligen Initiatoren selber gestaltet und erfunden wurden. So moderierte ein Schauspieler eine Datingshow, ein anderer, der berichtet er würde an der Hochschule der Künste Bern (HKB) dozieren, gestand seine Zuneigung zu einer Studentin und ein weiterer Schauspieler holte lange in der Performancegeschichte aus, während er seine Performance aufbaute.

Dies stellte für mich den Höhepunkt des Stücks dar. Mit voller Ernsthaftigkeit erzählte er von den Blut -und Fleischperformances, welche er und sein Freund in den 80er in Bern durchgeführt hätten. Wiener Aktionismus hätten sie nicht gekannt und dachten sie wären die ersten die mit Eingeweiden um sich warfen. Sie hätten noch eine Botschaft zu übermitteln, Kunst sei politisch gewesen, da habe man einfach noch gemacht ohne Bewilligungen und finanzielle Anträge zu stellen. Aber da man das ja heute nicht mehr könne, probiere er jetzt etwas Neues. Daraufhin schüttete er sich einen Kübel voller veganer Bratlingskrümel über den Kopf. Eine vegane Schüttung. Während der Rest vom Stück meist mit der Frage von menschlichen Bedürfnissen und allgemein dem Menschsein arbeitete, ging es bei der veganen Schüttung um viel mehr: Wozu sind Künstler da? Was dürfen Künstler noch? Wie erschafft man heute noch neue, inovative Kunstwerke? Im Anschluss an die vegane Schüttung trat der HKB Dozent nach vorne. Man sah ihm seine Ernüchterung und Enttäuschung an. In seinem Monolog handelte es schliesslich davon, dass all die Kulturschaffenden letztendlich für nichts seien. Man habe leider noch keinen Weg gefunden das Gen der Kulturschaffenden auszurotten. Daher sei es auch besser, dass er und seine Studentin keine Kinder bekämen, da es ohnehin wieder einen Kulturschaffenden geben würde. War dies die Moral des Stücks? Wozu die Künste? Daraufhin geht der Performer ab und kehrt später, nur mit einem Tanktop und goldig glitzernden Skyheels bekleidet, zurück. Es scheint, als wolle er ein letztes Mal im Rampenlicht stehen. Das Ende des Stücks verliert an Bedeutung. Meine Augen richteten sich nur noch auf den niedergeschlagenen, nackt entblössten, von Scham erfüllten Künstler.

http://auawirleben.ch/de/2015/programm/human-resources