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Langenthaler Stadtrat

Motion: Offenlegung der Finanzierung von Parteien und Wahl- und Abstimmungskomitees

Am 29. März 2021 an der zweiten Sitzung der Legislatur 2021 – 2024 von der SP-Grünen-Fraktion eingereicht.

Am 28. Juni 2021 mit 19 zu 18 Stimmen für nicht erheblich erklärt.  

„Offenlegung der Finanzierung von Parteien und Wahl- und Abstimmungskomitees

Der Gemeinderat wird gebeten, ein Reglement für transparente Politikfinanzierung vorzuschlagen. Das Reglement soll mindestens folgende Aspekte umfassen:

– Gesetzliche Grundlage für eine Offenlegungspflicht für alle finanziellen Beiträge und alle geldwerten Leistungen an politische Parteien, Kampagnenkomitees, persönliche Wahlkomitees und sonstige Organisationen, die sich an kommunalen Abstimmungs-und Wahlkämpfen beteiligen. Zu den finanziellen Beiträgen zählen insbesondere Spenden und sonstige Zuwendungen.
– Für die pro Abstimmung/Wahl und pro Jahr summierten finanziellen Zuwendungen von juristischen Personen sowie von natürlichen Personen werden Schwellen formuliert, ab welchen die Offenlegungspflicht gilt. Die Annahme von anonymen Spenden ist verboten.
– Zeitraum und Frist für die Offenlegungspflicht vor dem jeweiligen Urnengang.
– Zweckmässige und möglichst unbürokratische Regelungen zur Überprüfung der Offenlegungs-pflicht.
– Regelung zur Sanktionierung von Verletzungen der Offenlegungspflicht.

Umstritten ist, wo die Schwelle angesetzt wird, ab welcher die Offenlegungspflicht gilt. Es sollen nicht Klein-und Kleinstbeträge offengelegt werden, da dies ein unnötiger Aufwand ist und für die Problema-tik der potentiellen Beeinflussung irrelevant wäre. Die Motionär*innen wollen sich hier noch nicht fest-legen, der Gemeinderatsoll eine Schwelle vorschlagenund diese soll daraufhin Gegenstand der par-lamentarischen Ausarbeitung sein. Ein Bereich zwischen CHF 1’000.00 und CHF3’000.00 ist anzustre-ben.

Begründung: Obwohl das öffentliche Interesse an Fragen der Politikfinanzierung stark zugenommen hat und die mangelnde Transparenz von Organisation wie Transparency International und auch der GRECO (Staatengruppe gegen Korruption) mehrfach kritisiert wurde, ist auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene lange nichts geschehen. Durch die Einreichung der nationalen Transparenzinitia-tive und dank der gewonnenen Volksinitiativen in den Kantonen Fribourg (2018), Schwyz (2018) und Schaffhausen (2020) hat das ThemaFahrt aufgenommen. Mit der überdeutlichen Annahme von Trans-parenzbestimmungen durch die Stimmbürger*innen der Stadt Bern (2020) nun auch in der Kommu-nalpolitik.Diese Entwicklungen offenbaren ein grosses Bedürfnis der Bevölkerung nach mehr Transparenz in der Politikfinanzierung, welches wir unserer Ansicht nach auch in Langenthal nicht weiter ignorieren dür-fen. In einer Demokratie haben die Bürger*innen das Recht zu wissen, welche Interessen hinter Wahl-oder Abstimmungskampagnen stehen. Eine transparente Politikfinanzierung stärkt die Demokratie und erhöht die Glaubwürdigkeit von Parteien, Politiker*innen und unseren demokratischen Institutio-nen. Diese Transparenz schafft Vertrauen. Und Vertrauen ist für eine lebendige Demokratie unentbehr-lich.“

SP/GL-Fraktion (Erstunterzeichnende: Saima Sägesser)

Mein Fraktionsvotum zur SP-GL Motion „Offenlegung der Finanzierung von Parteien und Wahl- und Ab-stimmungskomitees“

An der Stadtratssitzung vom 28. Juni 2021 behandelt

Sprecherin der Motion, Saima Sägesser (SP): Sie haben heute die Möglichkeit, Geschichte zu schreiben. Wir können mitbestimmen, ob in Langenthal in Zukunft eine gestärkte Demokratie gelebt wird, ob mehr Vertrauen der Bevölkerung in die Parteien und ihre Politikerinnen und Politiker gesteckt wird und ob wir endlich Klartext reden, wenn es um Geldflüsse geht, die die Meinungsbildung beeinflussen. Langenthal kann eine der ersten Städte schweizweit werden, in der eine Offenlegungspflicht für die Parteifinanzierung gilt und dies wäre im Sinne der Förderung einer fairen Demokratie zu verstehen. Mit einer gelebten Transparenz in der Politfinanzierung kann sich auch Langenthal wieder neu positionieren, zeitgemäss handeln, an Attraktivität gewinnen und mit grösseren Städten mitziehen. Die SP/GL-Fraktion dankt dem Gemeinderat, dass er unsere Motion für erheblich erklären möchte. Nun hoffen wir auf Ihre Unterstützung aus dem Stadtrat. Unsere Motion verlangt, dass Parteien und Komitees vor Wahlen und Abstimmungen ihre Finanzen transparent machen sollen. Die Parteien geben dabei der Bevölkerung gegenüber die Herkunft von Spenden an, wenn diese über dem festgelegten Schwellenwert liegen. Dieser Schwellenwert kann zwischen Fr. 1’000.00 und Fr. 3’000.00 liegen und würde dann im Reglement festgelegt werden. Uns geht es darum, für Transparenz zu sorgen, nicht aber Spenden zu verbieten, zu erschweren oder Kleinspenderinnen und -spender in die Öffentlichkeit zu zerren. Wir sind überzeugt davon, dass die Transparenz in einer gelebten Demokratie enorm wichtig ist. Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht darauf zu wissen, wer von wem, welche Geldflüsse erhält, wenn sich diese im Umfang eines solch grossen Betrags bewegen, wie es der Schwellenwert vorgibt. Wer mit welchen Mitteln, welche Werte kauft und unterstützt, soll bekannt gemacht werden. Warum denn auch nicht? Wer Finanzstärke besitzt und diese zur Beeinflussung zur Meinungsbildung einsetzt, soll doch auch dazu stehen. Wenn Geldflüsse nämlich keine Rolle spielen würden, warum tätigt man dann überhaupt Spenden oder unterstützt eine Partei in ihren Anliegen mit einem finanziellen Beitrag? Die Stimmbevölkerung hat ein Recht darauf zu wissen, was da dahintersteckt. Wir wollen keine Politik im Verborgenen, sondern auf Augenhöhe, transparent, nahbar und verständlich. Ein Anliegen, das auch die Stimmbevölkerung hat, müssen wir ernst nehmen. Wenn sich herausstellt, dass in Langenthal keine Beträge in die Parteien fliessen, die über dem Schwellenwert liegen, dann ist das auch okay. Aber das weiss man einfach erst mittels eines Reglements. Nicht umsonst fuhr die SP in den vergangenen Tagen eine aufwendige Social Media-Kampagne und rief dabei alle Parteien dazu auf, ihre Angaben zu teilen. Die Jusos und die Grünen reagierten, Ihr anderen habt geschwiegen. Auch dies ist ein Zeichen für sich und eröffnet natürlich Raum für Fragen wie «Was habt Ihr zu verbergen»? oder «Warum wollt Ihr nicht, dass man weiss, woher welche Beiträge in Euer Kässeli fliessen»? Eine Bilanz wird ja dann spätestens bei der Jahresrechnung gezogen, die ja jede Partei zu erstellen hat. Der Wahlkampf 2020 der SP Langenthal kostete gesamthaft Fr. 29’000.00 und es kann uns niemand sagen, dass es nicht interessant und wichtig zu wissen ist, woher dieses Geld in unsere Kasse floss und wie wir dieses Geld einsetzten. Dank dem Reglement wären wir nicht mehr die Einzigen, die transparent sind. Glücklicherweise wissen wir, dass auch die glp Interesse daran hat, mit ihren Zahlen nicht mehr länger «Versteckis» zu spielen. Das Reglement soll ein handliches Tool sein, das einen unbürokrati- schen und effizienten Prozess für die Offenlegung der Finanzierungen ermöglicht. Aufwand und Ertrag werden absolut im Verhältnis stehen, weil der Wert einer fairen Demokratie gar nicht am Preisschild gemessen werden kann. Und damit wir auch noch dies ansprachen; ja, auf nationaler Ebene müssen zukünftig höchstwahrscheinlich Spenden ab Fr. 15’000.00 offengelegt werden. Dies steht aber in keinem Verhältnis zu unserer politischen Tätigkeit hier bei uns in Langenthal und deshalb benötigt Langenthal ein eigenes Reglement, einen eigenen Schwellenwert und eine eigene Transparenz. Merci.