Elmer Diktonius ist einer bedeutendsten Autoren Finnlands. Mit «Bürger der Republik Finnland» publiziert der BaltArt-Verlag 6 Novellen des grossen finnlandschwedischen Modernisten.
Der BaltArt-Verlag gibt in seiner Baltischen Bibliothek Bücher aus dem Ostseeraum heraus. Erstmals veröffentlicht er nun ein Werk aus Finnland. Der teilweise in Tallinn lebende Berner Journalist, Historiker und Germanist Daniel Sägesser hat die Novellensammlung aus dem schwedischen Original übersetzt.
Zum Buch: Ja, das Leben ist ein Elend – und oftmals makaber. Schön sind die sechs Novellen denn auch nicht, die der finnlandschwedische Autor Elmer Diktonius 1935 unter dem Titel «Medborgare i republiken Finland» veröffentlichte. Vielmehr gehen die kurzen Texte unter die Haut, sowohl was Sprache und Inhalt als auch was ihre sozialkritische Intention betrifft. Nicht von ungefähr bezeichnet Diktonius dieses Werk als «Novelliade», was für die Einheit und Kompaktheit steht, die ihm innewohnen: Auch wenn die sechs Geschichten völlig unterschiedliche Existenzen und Schicksale schildern, so ist ihnen doch vieles gemeinsam: Die Figuren, ob Faschist, Verdingbub, als ewig Rote abgestempelte Mutter und Sohn, verrückter Armeleuteschuhmacher, Trinker oder Greis, sind alle Aussenseiter, ja Verlierer – aber eben auch finnische Staatsbürger, die Diktonius unerschrocken, einfühlsam und präzise beobachtend porträtiert, dabei tief in ihr Wesen eindringt, sie in ausserordentlichen, ja schicksalsträchtigen Situationen zeigt.
Auf wenigen Seiten breitet er so ganze Leben aus und demaskiert anhand dieser die vorherrschenden politischen und gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten. Dabei bedient er sich einer durchweg deftig-ausdrucksstarken, ungeschminkten und variantenreichen Sprache und schafft damit Bilder von plastischer Drastik und einen Erzählfluss mit atemberaubendem Sog.
Der Autor: Der finnlandschwedische Dichter und Komponist Elmer Rafael Diktonius wurde 1896 in Helsinki geboren und verstarb 1961 in Sipoo (Finnland). Er alterte früh, seine späteren Lebensjahre waren von Alkoholismus begleitet, auch erkrankte er an Alzheimer. Diktonius gilt – auf derselben Stufe wie Edith Södergranstehend – als einer der bedeutendsten Vertreter des finnlandschwedischen Modernismus. Er war zweisprachig, schrieb sowohl auf Schwedisch als auch auf Finnisch und liess jeweils Elemente der einen Sprache in die in der anderen Sprache verfassten Texte einfliessen.
Aus der Feder des Avantgardisten stammen elf Gedichtsammlungen, der Roman «Janne Kubik» (1932) sowie zwei Novellenbände mit dem Titel «Medborgare i republiken Finland». Der erste erschien 1935 und liegt hier erstmals in deutscher Übersetzung vor. Der zweite wurde 1940 veröffentlicht.
Diktonius war Sozialist, revolutionär ist auch sein schriftstellerisches Werk, geprägt von expressionistischem Geist und der Intention, die bürgerlichen ästhetischen Konventionen sowohl sprachlich als auch thematisch zu durchbrechen. Der Autor beeindruckt mit einer immensen Wortmächtigkeit und virtuosen Sprachschöpfung, wobei er oft auf die Kraft der gesprochenen Sprache setzt.
Er trat auch als Übersetzer, Kritiker und Mitherausgeber der Zeitschriften «Ultra» und «Quosego» her- vor, welche den finnlandschwedischen Modernisten eine bedeutende Plattform boten.
In jüngeren Jahren war Diktonius mit dem späteren sowjetischen Politbüromitglied Otto Ville Kuusinen befreundet.
Als Bertolt Brecht 1940/41 im Exil in Finnland weilte, gehörte Elmer Diktonius zusammen mit Hella Wuolijoki, Olavi Paavolainen und anderen zu dessen Freundeskreis.
Bertolt Brecht über Elmer Diktonius:
«DIKTONIUS, der finnische horaz, holt mich ab in eine bierstube, er ist kurzleibig und vierschrötig, wie mit der axt aus einer eichenwurzel gehauen, sein eigenes wandelndes monument. er hat eine kleine staatspension und lebt von zeitungsartikeln. stets bringt er etwas mit, wenn er kommt, eine zigarre oder süßigkeiten für barbara. er lacht gern und macht gern kleine bösartige, aber humoristische bemerkungen, knapp und gut geformte. im ganzen könnte er ein seekapitän sein.»
Bertolt Brecht, 30. 6. 1940
Arbeitsjournal, 1938 bis 1942
Elmer Diktonius
Bürger der Republik Finnland
Novelliade
Übersetzt aus dem Schwedischen von Daniel Sägesser
Baltische Bibliothek im BaltArt-Verlag – Band VI
II
BaltArt GmbH Switzerland, BaltArt-Verlag, Langenthal (Schweiz), 2015
978-3-9523109-9-1
Preis: 15 CHF / 15 € (plus allfällige Versandkosten)
Die Übersetzung und Publikation dieses Buchs wurde durch
FILI Finnish Literature Exchange gefördert.